Endlich Ordnung ins Gefühlschaos

Viele Menschen träumen davon, nie wieder ängstlich, wütend, eifersüchtig oder depressiv zu sein und sie sehnen sich nach einem dauerhaften Glückszustand oder wenigstens nach einer ewig andauernden Zufriedenheit. Dieser Traum lässt sich aber leider nicht verwirklichen.
Das hat vor allem einen Grund: Uns Menschen ist die „Fähigkeit“ angeboren, sich aufzuregen. Schon bei Säuglingen kann man beobachten, dass sie angenehme Zustände suchen und unangenehme, auf Teufel komm raus, vermeiden wollen. Und auch als Erwachsene tun wir alles, um in möglichst angenehmen Umständen zu leben und das Unangenehme von uns fern zu halten. Und in dieser Zwickmühle aus angenehmen und unangenehmen Umständen bleiben wir unser ganzes Leben lang gefangen. Die interessante Frage lautet nun, warum manche Menschen mit den Unannehmlichkeiten besser zurecht kommen, als andere? Und was können diejenigen tun, die unter verschiedenen Problemen des Alltags oder unter ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur leiden?
 
Gefühle, Gefühle, Gefühle
 
Gefühle werden besungen, in Dramen beschrieben und beim Sport beschworen. Sie begegnen uns überall im Leben. Das wahrscheinlich häufigste Wort in modernen Popsongs ist „Liebe“, aber auch alle anderen Gefühle wie Angst, Hass und Eifersucht, Enttäuschung, Wut und Verzweiflung werden ständig von den Künstlern besungen. In der Literatur – vor allem in der Belletristik – dreht sich häufig alles um die gleichen Gefühle wie in der Musik. In der romantischen Literatur der vergangenen 250 Jahre sind die Grundthemen „Gefühle, Leidenschaft, Individualität und individuelles Erleben sowie die Seele, vor allem die gequälte Seele“ (Wikipedia). Hollywood- und Bollywoodfilme triefen häufig von „Gefühlsschmalz“ oder umgekehrt von Gewalt, Angst und Horror. Ohne Emotionen wären Filme nur noch Dokumentationen – und selbst dort bemühen sich Regisseure, ein Gefühl zuverhindern: Langeweile.

Im Fußball oder Sport im Allgemeinen geht es uns im Falle des Gewinnens um Leidenschaft, Hinga-
be, Ekstase und Glückseligkeit und im Falle des Verlierens um Frustration und Niedergeschlagen-
heit, aber auch um Wut, Zorn und Hass, wenn man beispielsweise an Ausschreitungen nach verlore-
nen Spielen denkt. Die erste Frage die die Reporter den Sportlern stellen, lautet in der Regel: „Wie

fühlen Sie sich jetzt, da Sie gewonnen/verloren haben?“
Gefühle ändern sich ständig
Wenn man sich verliebt, schwebt man zuerst auf Wolke sieben, um dann nach ein paar Monaten
jäh im „Tal der Tränen“ wieder zu erwachen. Ein neuer Job, ein neues Projekt begeistern uns zuerst
und nicht selten kämpfen wir nach ein paar Jahren gegen Ärger, Frustration und Langeweile. Bei
der Hochzeit oder der Geburt der eigenen Kinder behaupten Menschen, dass dies ihr glückseligster
Moment im Leben gewesen wäre. Viele Jahre später können sich der Ehepartner und die eigenen
Kinder dann zum ärgerlichen Problemfall wandeln.
Auf die Frage, was Menschen im Leben erreichen möchten bzw. in welchem Gefühlszustand sie an
ihrem Lebensende auf ihr Leben zurückblicken wollen, antworten die allermeisten, dass sie gerne
glücklich und zufrieden wären. Häufig sagen sie auch, dass sie mit sich im Reinen sein wollen, dass
sie gerne ausgeglichen, ruhig und gelassen wären – oder gerne auch alles zusammen.

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Gefühle sind das Salz in der Suppe
Offensichtlich ist es so, dass Gefühle im Leben der Menschen einen großen Raum einnehmen. Viele
behaupten, dass die Gefühle das „Salz in der Suppe“ des Lebens wären und sie betrachten ein
gefühlloses Leben als Albtraum. Das Dumme ist nur, dass sich die Gefühle ständig ändern. Viele
Menschen leiden unter ihrer Gefühlsachterbahn, weil sie oft von ihren eigenen Gefühlen übermannt

werden und ihnen dann ohnmächtig ausgeliefert sind. Ihr Gefühlsspektrum reicht von himmelhoch-
jauchzend bis zu Tode betrübt und nicht wenige wünschen sich, aus dieser schwindelerregenden

Achterbahnfahrt auszusteigen und ihr „Gefühlsleben“ zu beruhigen und unter ihre eigene Kontrolle

zu bringen. Der Begriff „Gefühlsleben“ deutet ja schon darauf hin, dass viele Menschen davon über-
zeugt sind, dass ihre Gefühle ein Eigenleben führen. Wenn dem so wäre, dann wäre eine Kontrolle

der Gefühle unmöglich und man wäre dieser „Gefühlsachterbahn“ hilflos ausgeliefert.
Gefühle sind beherrschbar
Die gute Nachricht aber lautet, dass man seine Gefühle sehr wohl in den Griff bekommen kann.
Dazu muss man aber zuerst etwas über die Gefühle wissen bzw. lernen. Man müsste sich folgende

Fragen beantworten können: Was sind Gefühle überhaupt? Wie entstehen sie und was unterschei-
det sie beispielsweise von Gedanken oder Körperempfindungen? Was ist der Unterschied zwischen

Unzufriedenheit und Ärger, zwischen Liebe und Hass? Worin besteht der Unterschied zwischen
Traurigkeit und Depression, zwischen Enttäuschung und Kränkung und zwischen Besorgnis und
Angst?

Die allermeisten Menschen haben sich im Leben wahrscheinlich noch nie Gedanken darüber ge-
macht, worin sich die Gefühle eigentlich unterscheiden und was die einzelnen Gefühle für eine Ursache

bzw. welche Wirkung sie haben – und warum es so wichtig wäre, darüber Bescheid zu wissen?
Gefühle stehen im Mittelpunkt des Interesses

Es gibt viele Ansätze für Therapie und Coaching. In fast allen stehen dabei die Gefühle der Pati-
enten und Klienten im Mittelpunkt des Interesses. Im Kognitiven Ansatz, den wir im Dr. Holzinger

Institut vertreten, gibt es eine klare, einfach zu verstehende Theorie über die Gefühle und ihre
Ursachen. Diese Theorie lautet: Die Gedanken erzeugen die Gefühle. Albert Ellis formulierte diese
Theorie als Erster und Milenko Vlajkov entwickelte sie, in seinem Handbuch „Rational-Emotive &
Kognitive Verhaltenstherapie“ (2017), weiter. Diese Theorie ist keine Selbstverständlichkeit, denn bis
heute glauben viele Menschen, dass es genau umgekehrt ist. Sie sind der Meinung, dass die Gefühle
das Verhalten und Denken der Menschen hervorbringen.

Im Rahmen des Kognitiven Ansatzes werden zuallererst Körperempfindungen von Gefühlen unter-
schieden. Kalte Füße betrachtet man als Körperempfindung, den evtl. Ärger über die kalten Füße,

als Gefühl. Herzrasen ist demnach ein Körperempfinden – die Angst vor einem Infarkt das Gefühl.
Magenschmerzen werden als Körperempfinden bezeichnet – die „Schmetterlinge im Bauch“, das
Verliebtsein, als Gefühl.
Geschrei und Anspannung oder Zufriedenheit und Entspannung
Eine zweite wichtige Tatsache ist, dass Menschen, vor allem kleine Babys, ab dem Moment ihrer
Geburt auf alle Reize eine undifferenzierte Aufregung zeigen. Dafür ist das limbische System unter-

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halb der Großhirnrinde „verantwortlich“. Ein paar Stunden (oder wenige Tage) später differenziert
sich diese Aufregung in „unangenehme“ und „angenehme“ Reaktionen aus. Die Säuglinge reagieren

dann auf unangenehme Lebenssituationen (wie bspw. Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Bauchschmer-
zen oder eine volle Windel – dies sind häufig also Körperempfindungen und Reize von außen) mit

Geschrei und auf angenehme Lebenssituationen (wie bspw. Streicheln, Stillen, Kuscheln und eine
frische Windel – meist auch Körperempfindungen) mit einem zufriedenen, ruhigen, manchmal sogar
strahlenden „Buddha-Gesicht“. Ein paar Tage alte Säuglinge nehmen also ihre Umgebung und die

Lebenssituation mit ihren Sinnesorganen wahr und reagieren daraufhin automatisch mit Zufrie-
den-, Gelassen- oder Ausgeglichenheit bzw. mit Geschrei, Anspannung oder Verkrampfung.

Gefühle „entwickeln“ sich im Laufe des Lebens

Es ist also wichtig nochmals zu betonen, dass wir kurz nach unserer Geburt Situationen mit unse-
ren Sinnesorganen zuerst wahrnehmen und sie dann differenziert als angenehm oder unangenehm

fühlen. Auf diese Situationen zeigen kleine Kinder dann eine automatische, angeborene Reaktion
– Geschrei oder Zufriedenheit, Anspannung oder Entspannung. Erst später im Leben „bewerten“
Kinder, Jugendliche und Erwachsene diese Situationen dann in einem dritten Schritt, durch das
Denken, zusätzlich als „positiv“ oder „negativ“, als „gut“ oder „schlecht“, als „richtig“ oder „falsch“.
Diese Bewertungen bzw. Gedanken erzeugen dann die Gefühle – Freude, Glück, Zufriedenheit oder
Ärger, Eifersucht und Angst (um nur einige zu nennen).

 

Damit kann die wichtigste Prämisse – „Die erste Einsicht“ – im Kognitiven Ansatz jetzt noch besser
erklärt und noch leichter verstanden werden:

Die erste Einsicht
Die Ursache, warum Menschen leiden, liegt nicht in den Dingen an sich, sondern in der Art
und Weise, wie sie diese Dinge bewerten, beurteilen bzw. darüber denken – nachdem sie sie
mit ihren Sinnesorganen wahrgenommen haben.
In der RE&KVT spricht man auch vom A-B-C-Modell:
A = Auslöser (Activating event) z.B. Stau auf der Autobahn
B = Bewertung/Gedanke (Belief) „Nicht schon wieder Stau! Das halte ich nicht aus!“
C = Gefühl und Verhalten (Consequence) z.B. Ärger und Wut, unbeherrschtes Verhalten

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Diese „Erste Einsicht“, dass „A“ (beispielsweise ein Stau auf der Autobahn) nicht direkt „C“ (die Wut
über den Stau) verursacht, reicht manchmal schon aus, um eine Veränderung der Gefühlslage zu

bewirken und die „Zweite Einsicht“ hervorzubringen. Diese „Zweite Einsicht“ des Kognitiven Ansat-
zes lautet:

Damit das gelingen kann, ist es hilfreich, sich einige geistige Inhalte bewusst zu machen:
1. Was denkt man über das, was man wahrgenommen hat?
2. Wie fühlt man sich, während man so denkt?
3. Wie kann man das, was man gedacht hat, überprüfen? (Rationale Gedanken sind
realistisch, folgerichtig, umsetzbar und nützlich – und damit funktional. Irrationale
Gedanken sind unrealistisch, nicht folgerichtig, nicht umsetzbar und schädlich – und
damit dysfunktional)
4. Was müsste man anstelle des dysfunktionalen Gedankens denken, um sich nicht selbst zu
blockieren und gesund zu bleiben?
An dieser Stelle kann die „Dritte Einsicht“ im Kognitiven Ansatz vorgestellt und verstanden werden:

A = Auslöser (Activating event) z.B. Stau auf der Autobahn
B = Bewertung/Gedanke (Belief) „Nicht schon wieder Stau! Das halte ich nicht aus!“
C = Gefühl und Verhalten (Consequence) z.B. Ärger und Wut, unbeherrschtes Verhalten
Die zweite Einsicht
Wenn man sich in der gleichen Situation weniger schlecht fühlen möchte (das „C“), muss
man nicht die ganze Welt, die Umstände, die Dinge und die anderen Menschen ändern (das
„A“), sondern sein eigenes Denken – also „B“.
„Ich wünschte mir, dass es keinen Stau gäbe. Aber da ich mich jetzt offensichtlich in einem
Stau befinde, darf es ihn leider auch geben. Mein Geschrei bringt mir nichts, da ich die Situation
auch durch Schreien nicht verändern kann.“
Durch diese Denkweise drückt man die Akzeptanz des Unabänderlichen aus und ändert seine
Gefühlslage, wie in diesem Beispiel, von Wut zu Unzufriedenheit.

Die dritte Einsicht
Wer sich dauerhaft gut fühlen möchte, muss sich hartnäckig und beständig mit seinen
eigenen Gedanken auseinandersetzen und die neue, rationale Denkweise durch „Einüben“
so verfestigen, damit sie sich mit der wahrgenommenen Realität intensiv verbindet. Erst
dann ist es möglich, dass sich die rationale Denkweise in zukünftigen kritischen Situationen
„automatisch meldet“.

Damit man seine Gefühle verstehen und kontrollieren kann, ist also zuerst folgende Unterscheidung
wichtig: Es gibt Gefühle sowohl für angenehme und als auch für unangenehme Lebenssituationen.

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In einem zweiten Schritt erkennt man, dass es offensichtlich gesunde und ungesunde emotionale
Reaktionen auf angenehme bzw. unangenehme Lebenssituationen gibt (jedenfalls wird das unter
Punkt 4, der oben angeführten Aufzählung von uns behauptet).

Dies zu verstehen, ist der nächste wichtige Schritt, um sein Gefühlsleben unter Kontrolle zu brin-
gen. Gut zu wissen ist, dass es im Rahmen der „Kognitiven Therapie“ nach Aaron Beck, die viele Ge-
meinsamkeiten mit der Rational-Emotiven & Kognitiven Verhaltenstherapie (RE&KVT) von A. Ellis

aufweist, keine klare Grenze zwischen gesunden und ungesunden Gefühlen gibt. A. Beck und andere
Therapeuten, die im Sinne der „Kognitiven Therapie“ arbeiten, meinen, dass es einen allmählichen
Übergang zwischen gesunden und ungesunden Gefühlen gibt. Das steht im krassen Gegensatz zu
A. Ellis und vor allem M. Vlajkov, die beide der Meinung sind, dass es diesen fließenden Übergang

so nicht gibt. Ihrer Meinung nach können die Gefühle klar in gesunde und ungesunde unterschie-
den werden. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, da sie die Natur des therapeutischen Ansatzes

bestimmt.
Ein Ziel der „Kognitiven Therapie“ (nach A. Beck) besteht in der Verminderung der Intensität von

unangenehmen Gefühlen und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um gesunde oder ungesun-
de Gefühle handelt. Im Rahmen der Kognitiven Therapie wird beispielsweise ein „großer Ärger“ in

einen „kleinen Ärger“ oder eine „tiefe Traurigkeit“ in eine „weniger tiefe Traurigkeit“ verwandelt. A.

Ellis nimmt in Bezug auf die Gefühle eine strenge Einteilung vor: Er unterscheidet zwischen gesun-
den Gefühlen, die sowohl angenehm als auch unangenehm sein können, und ungesunden Gefühlen,

zu welchen seiner Meinung nach nur unangenehme Gefühle gehören.

Tabelle 1: Unterscheidung der Gefühle in angenehm vs. unangenehm

Gefühle

… für angenehme Lebenssituationen … für unangenehme Lebenssituationen

Tabelle 2: Unterscheidung der Gefühle nach A. Ellis

Gefühle (nach A. Ellis)

… für angenehme Lebenssituationen … für unangenehme Lebenssituationen

Gesunde
angenehme Gefühle

Gesunde
unangenehme Gefühle

Ungesunde
unangenehme Gefühle

M. Vlajkov, unser Director of Education am Dr. Holzinger Institut, zählt zu den ungesunden Gefüh-
len auch angenehme Gefühle, falls sie eine blockierende Wirkung auf die betreffende Person haben.

Wenn Gefühle diese blockierende Wirkung haben, dann sprechen wir von sogenannten Effizienz-
blockaden. Diese Effizienzblockaden hindern uns daran, unsere Talente sowie Stärken umzusetzen

und limitieren unseren Erfolg. Wer beispielsweise durch Angst, Wut, Zorn, Eifersucht, Kränkung
oder Depressionen blockiert ist, arbeitet „unter seinen Möglichkeiten“ und setzt seine Potenziale,

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gerade in entscheidenden Momenten, nicht um. Wie weiter unten ausführlicher erklärt wird, können
aber auch Verliebtheit, Glückseligkeit oder Ekstase paradoxerweise eine blockierende Wirkung auf
uns Menschen haben.

Damit jemand seine Gefühle kontrollieren und steuern kann, muss er seine ungesunden Gefühle
zuerst entlarven und diese im Anschluss durch die entsprechenden gesunden Gefühle ersetzen.
Entlarven lässt sich ein ungesundes Gefühl mittels der Feststellung des Gedankens, der für die
Entstehung des ungesunden Gefühls zuständig ist. In der RE&KVT geht man davon aus, dass die
Veränderung der Denkweise automatisch eine Veränderung im Fühlen bewirkt. Geht beispielsweise
ein Wunsch („Ich wünsche mir ein Fahrrad!“) nicht in Erfüllung, fühlt sich eine Person traurig oder
enttäuscht. Bei einer nicht erfüllten Forderung („Ich muss ein Fahrrad bekommen!“) fühlt sich die

Person höchstwahrscheinlich wütend oder zornig. Diese Unterscheidung der Gefühle, wie im Bei-
spiel genannt, zwischen Traurigkeit (=gesund) und Wut (=ungesund), ist ein zentraler Aspekt der

RE&KVT und ihr Alleinstellungsmerkmal.

Tabelle 3: Unterscheidung der Gefühle nach M. Vlajkov
Gefühle (nach M. Vlajkov)

… für angenehme Lebenssituationen … für unangenehme Lebenssituationen
Gesunde
angenehme Gefühle

Ungesunde
angenehme Gefühle

Gesunde
unangenehme Gefühle

Ungesunde
unangenehme Gefühle

Gefühle (nach M. Vlajkov)

… für angenehme Lebenssituationen … für unangenehme Lebenssituationen
Gesunde
angenehme Gefühle

Ungesunde
angenehme Gefühle

Gesunde
unangenehme Gefühle

Ungesunde
unangenehme Gefühle

+ Fröhlichkeit – Verliebtheit + Gereiztheit, Frust
+ Unzufriedenheit
+ Enttäuschung

– Ärger
– Wut, Zorn
– Hass

+ Glück – Entzückung + Traurigkeit
+ Trauer

– Depression
– Hoffnungslosigkeit
– Niedergeschlagenheit

+ Zufriedenheit – Begeisterung + Mut

+ Besorgnis, Vorsicht

– Angst, Panik
– Ängstlichkeit
+ Gelassenheit – Glückseligkeit + Enttäuschung – Beleidigung
– Kränkung

+ Ausgeglichenheit – Gleichgültigkeit + Reue („es tut mir leid“)

+ Bedauern

– Schlechtes Gewissen
– Schuld

+ Innere Ruhe + Enttäuschung
+ Bedauern

– Scham
usw. + „Weißer Neid“ – „Schwarzer Neid“

+ Nichtkrankhafte
Eifersucht

– Krankhafte
Eifersucht

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Tabelle 4: Unterscheidung der Gefühle nach M. Vlajkov mit Beispielen

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Diese Annahme, dass eine Veränderung der Denkweise, eine Veränderung des Fühlens zur Folge
hat, hat sich in den allermeisten klinischen Fällen als richtig erwiesen. Dennoch gibt es eine gewisse

Anzahl an Fällen, bei denen die Veränderung der Denkweise nicht die erwünschte emotionale Ver-
änderung bewirkt. Ein Grund dafür kann sein, dass die Personen in diesen Fällen nicht ausreichend

von der Wahrhaftigkeit der rationalen Denkweise überzeugt sind. Eine weitere Ursache dafür kann

in einer geringen Frustrationstoleranz der Personen liegen. Wenn Menschen auch das unangeneh-
me gesunde Gefühl (bspw. eine Enttäuschung) weiterhin als äußerst unangenehm empfinden und

von ihm verlangen, nicht vorhanden zu sein, leiden sie weiter.

Angenehme Gefühle lassen sich, wie weiter oben schon einmal erwähnt, genauso wie unangeneh-
me, ebenfalls in gesunde und ungesunde Gefühle unterteilen, wie man aus Tabelle 4 ersehen kann.

Es ist wahrscheinlich jedem schnell klar, dass die ungesunden unangenehmen Gefühle eine blockie-
rende Wirkung haben. Darunter verstehen wir, dass eine Person bspw. von ihrer Depression oder

ihren unkontrollierten Wutausbrüchen blockiert wird und darunter leidet. Meistens können die

Betroffenen dann nicht mehr klar denken und sie schädigen sich durch eine ungesunde Verhaltens-
weise oft selbst. Viele leiden unter den eventuell auftretenden Stresssymptomen und/oder ihren

psychosomatischen Beschwerden. Nicht selten kommt es vor, dass diese Menschen über Motivati-
onsprobleme klagen – entweder sie werden lethargisch, apathisch und antriebslos oder sie berich-
ten von ihrer inneren Unruhe und ihrem „Getriebensein“.

Tabelle 5: Folgen der ungesunden unangenehmen Gefühle

AUTOMATISCHE REAKTION:
1.) undifferenzierte Aufregung, dann
2.) differenziert in angenehm vs.
unangenehm

UNGESUNDE
UNANGENEHME
GEFÜHLE
VERURSACHEN …

· Psychisches Leid
(psychischer Schmerz)
· Mentale Blockade
· Selbstschädigendes Verhalten
· Nicht-optimale Motivation
(Über- oder Untermotiviert)
· Langfristige psychosomatische
Beschwerden
(z.B. Kopfschmerzen, Migräne,

Verdauungsprobleme, Bluthoch-
druck …)

Gesunde angenehme Gefühle sind im Gegensatz dazu solche, die Lebensfreude und Optimismus
bei Menschen hervorrufen, während ungesunde angenehme Gefühle eine Art „Verblendung“ und
eine unzureichende Motivation für die Inhalte erzeugen, mit denen wir uns befassen.
Aus den angenehmen ungesunden Gefühlen ergibt sich vor allem das Problem des Hinauszögerns

oder Aufschiebens. So ist beispielsweise eine Person, die von einem intensiven Gefühl der Verliebt-
heit überwältigt wird, nicht mehr bereit, sich dem Lernen zu widmen, obwohl ihr eine Prüfung be-
vorsteht. Stattdessen beschäftigt sie sich mit Inhalten, die ihr Verliebtheitsgefühl verstärken. Eine

Person, die von etwas entzückt ist, hat das intensive Bedürfnis, diese Begeisterung bis zum Ende
auszuleben und solange sie von der Begeisterung überwältigt ist, zeigt sie keinerlei Bereitschaft,

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zurück ins tägliche Leben zu kehren und möglicherweise notwendige Aufgaben zu erledigen (bspw.

jugendliche Computerspieler). Eine Person, die von einem Projekt begeistert ist, wird sich dem Pro-
jekt aus ihrer Begeisterung heraus hingeben und manchmal passiert es, dass sie darüber alle ande-
ren Pflichten vernachlässigt. In allen genannten Fällen – Verliebtheit, Entzückung, Begeisterung –

haben wir es also mit paradoxen emotionalen Blockaden (Effizienzblockaden) zu tun, obgleich diese
Personen diese Gefühle als extrem angenehm empfinden.
Man könnte sogar sagen, dass jede Art von Gefühl, das in Ekstase übergeht, blockierend wirkt,
weil es die Person an der Erledigung wichtiger täglicher Aufgaben hindert. In einer Situation ist es
allerdings wünschenswert, etwas auf ekstatische Art zu erleben bzw. zu erledigen. Wenn jemand,
der an einem sportlichen Wettkampf teilnimmt, sich in einem ekstatischen Zustand befindet, wird
er in der Lage sein, sich selbst zu übertreffen und bessere Resultate zu erzielen. Wir können bislang
nur teilweise erklären, wie ekstatische Gefühle zustanden kommen. Wir wissen beispielsweise, dass
sie entstehen, wenn eine Person nach langfristigen Bemühungen das angestrebte Ziel erreicht oder

wenn sie etwas erzielt, was sie als einen außergewöhnlichen Erfolg empfindet. Solche Gefühle dau-
ern leider nicht sehr lange an, obwohl sie als sehr intensiv und als sehr angenehm erlebt werden.

Es gibt noch ein angenehmes Gefühl, das blockierend wirkt. Dies ist das Gefühl der Glückseligkeit.
Es wäre schwer, einen Menschen zu finden, der sich nicht glückselig fühlen möchte, doch es ist auch
klar, dass ein Mensch in diesem emotionalen Zustand nicht in der Lage und auch nicht bereit dazu

ist, sich ernsthaften und verantwortlichen Aktivitäten zuzuwenden. Mit anderen Worten: es ist of-
fensichtlich, dass der Zustand der Glückseligkeit eine Art angenehme emotionale Blockade ist.

Gleichgültigkeit oder eine neutrale Beziehung zu den Inhalten, mit denen wir uns befassen, ist eine
weitere „versteckte“ emotionale Blockade. Daher sind Entspannungstechniken sehr häufig eine
unerwünschte Form der therapeutischen Intervention, weil sie dazu führen, dass der Übende eine
selbstschädigende Gleichgültigkeit der Realität gegenüber entwickelt.

Es bleiben damit noch die gesunden Gefühle für eine kurze Betrachtung übrig. Es gibt, wie in Tabel-
le 4 ersichtlich, sowohl gesunde angenehme als auch gesunde unangenehme Gefühle. Ein gesundes,

für die Person förderliches Gefühl entsteht, wenn der Klient ein auslösendes Ereignis angemessen

bewertet. Eine „echte“ Unzufriedenheit bzw. eine „wirkliche“ Enttäuschung (oder die anderen unan-
genehmen, aber gesunden Gefühle der Tabelle 4) bewirken folgendes:

1. Die Person leidet nicht (hat keinen oder nur wenig psychischen Schmerz), obwohl sie sich
unangenehm fühlt.
2. Die Person kann klar denken und sich in der unangenehmen Situation gut orientieren.
3. Das Verhalten der Person ist funktional, also zielgerichtet. Die Person ist bemüht, die
unangenehme Situation so schnell wie möglich zum eigenen Vorteil zu verändern und falls
dies nicht möglich ist, sie so zu akzeptieren, wie sie ist.

4. Akute Körpersymptome sind nur in dem Grad vorhanden, der notwendig ist, um die Res-
sourcen für eine Bewältigung oder eine Akzeptanz der Situation zu mobilisieren. Es erfolgt

keine übertriebene Reaktion des autonomen Nervensystems.
5. Die „richtige“ (rationale) Einstellung beseitigt psychosomatische Störungen, fördert die
Gesundheit und erhöht die Immunität.
6. Die Motivation ist optimal an die Umstände angepasst.

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In unseren Ausbildungen, Seminaren, Workshops und Vorträgen lernen Sie, wie sie jegliche Form der

emotionalen Aufregung unter ihre Kontrolle bekommen können und so den „Sprung“ von der unge-
sunden Seite auf die gesunde Seite der Gefühle selbst bewältigen können – die Krönung ist dann,

auch anderen dabei zu helfen.